Wir stimmen uns ein auf die Spielzeit 2020/21 mit Wolfram Wegehaupt
Es ist fast schon „Blasphemie am Handballgott“ vor dieser Saison eine Vorschau zu schreiben, aber wir wagen es trotzdem. Hier folgendes zu schreiben ist fast schon üblich: „So schwer war die Voreinschätzung einer Spielzeit noch nie!“ Doch es ist so wahr, denn der „Corona-Faktor“ kann von einem auf den anderen Tag, mit einem positiven Test, ganz viel durcheinanderbringen. Viel mehr muss man dazu auch nicht schreiben, denn mittlerweile weiß jeder, dass in dieser Spielzeit eine gewisse Unberechenbarkeit eine Rolle spielen wird (Diese Zeilen waren schon lange geschrieben, als bspw. die Corona-Fälle beim HSV Hamburg bekannt wurden). Wie immer werden wir hier nicht viel auf den HC zu schauen, sondern auf die ganze Liga.
Fangen wir gleich mit einer Kategorie an, welche die Dresdner schon einmal nicht betrifft: Wer steigt auf oder will aufsteigen oder sagt etwas anderes und will es eigentlich doch (:?
Und schon kommen wir das erst Mal ins Schlingern, denn so richtig drängt sich im Blick auf die Aufstiegsfrage keine Mannschaft auf. Was natürlich nicht heißt, dass es keine Kandidaten gibt. Eine These, welche nicht nur diese Kategorie betrifft wäre: Die Liga ist insgesamt nicht stärker als in der letzten Saison, aber vielleicht noch ausgeglichener. Mit Coburg und Essen ist Qualität in die 1. Liga abgewandert, aber es gab keine Absteiger, welche meist das Niveau der Liga noch einmal anheben. So ist es eventuell möglich, dass die Spitze in diesem Jahr breiter aufgestellt sein könnte.
Aber wer sind denn nun die Aufstiegskandidaten? Da wäre natürlich das Team der SG BBM Bietigheim. Die Baden-Württemberger wollten in der letzten Saison aufsteigen und werden wohl kaum ihre Ziele für diese Spielzeit komplett neu justieren. Dann wäre da natürlich der Altmeister VfL Gummersbach, der sich namhaften verstärkt hat, z. B. mit erfahrenen Erstligaakteuren wie Raul Santos oder Timm Schneider. Dazu kommt natürlich die jahrzehntelange Erstligageschichte, die dem VfL gleichermaßen motiviert wie Druck macht. Und wer kommt noch in Frage? Ja klar, der ASV Hamm Westfalen. Der Kader des ASV wird im Grunde von Jahr zu Jahr besser und im Blick auf die vor einiger Zeit ausgegeben Ziele, müsste/sollte/könnte Hamm in dieser Spielzeit „liefern“. Und dann wäre da noch der TuS N-Lübbecke. Aber so ganz sicher sind wir uns nicht, ob der TuS hier reinpasst. Starker Kader, erfahrender Trainer, Tradition und professionelles Umfeld und mit Sicherheit ein Spitzenplatzanspruch, eigentlich ist alles da. Aber irgendwie hatte man in den letzten Spielzeiten das Gefühl, dass sich die Nordrhein-Westfalen schwer tun, dass alles in Erfolg umzumünzen. Dem TuS ist irgendwie alles zuzutrauen.
Kommen wir gleich mal zu der Kategorie, mit der die Dresdner in dieser Spielzeit nichts zu tun haben wollen: Wer spielt um den Nichtabstieg oder ist in Gefahr in diesen Kampf mit „reingezogen” zu werden?
Nicht weniger schwierig! Da wäre zunächst der TuS Fürstenfeldbruck, der Meister aus der 3 Liga Staffel Süd. Für die Panther ist die 2. Liga schon ein gewisses Abenteuer und das Ziel Klassenerhalt anspruchsvoll. Euphorie und Eingespieltheit, diese positiven Vorzeichnen kann so eine Zweitligasaison ganz schnell „einkassieren“ wenn es nicht so läuft. Auch beim TV Großwallstadt einem weiteren Aufsteiger und prominenten Mitglied des deutschen Handballs bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Verjüngung des Kader und bspw. der Verlust eines Spielers wie Michael Spatz, auf die Zweitligatauglichkeit auswirkt. Der Klassenerhalt wäre wohl schon an sich ein Erfolg. Und dann wäre da noch die HSG Konstanz als eine Art „Schwellenteam“. In den letzten Zweitligaspielzeiten an denen Konstanz teilnahm, war das Team aus dem Süden immer eine Bereicherung, aber immer auch ein Kandidat für den Abstieg. Beim Team aus der „Schänzle-Hölle“ wird die Frage sein, wie stark sich in den letzten Jahren eine gewisse Zweitligamentalität in die „Vereinsgene“ eingeprägt hat. Das würde aber auch bedeuten, dass die HSG ihr gut gepflegtes Underdog-Image etwas aufgeben müsste.
Und jetzt lehnen wir uns etwas weiter aus dem Fenster und nennen zwei Teams, deren Entwicklung in den letzten Spielzeiten eher nach unten gegangen ist und die man noch vor ein paar Spielzeiten sich nie getraut hätte zu nennen. Quasi zwei Teams auf dem Weg zum „Schwellenteam“. Die Rede ist vom TV Emsdetten und vom TV Hüttenberg. Es wird bei beiden Mannschaften darauf ankommen, ob sich die Entwicklung der letzten Jahre fortsetzt. So musste bspw. der TV Hüttenberg vor dieser Saison qualitativ starke Einschnitte im Kader hinnehmen, auch wenn auf der anderen Seite ein hochkarätiger Erstligaspieler wie Stefan Kneer verpflichtet wurde. Beim TVE stellt sich hingegen die Frage, ob der während der letzten Saison auf die Trainerbank gekommene Aron Ziercke und z. B. Erstliganeuzugang Freddy Stüber am Kreis, der fast unveränderten Mannschaft vom Vorjahr, entscheidende Impulse geben können.
In der letzten Kategorie sehen sich in diesem Jahr die Dresdner: Mittelfeld mit „Einschlägen“ nach oben und unten
Die Dresdner haben sich vor der Saison klar positioniert. Einstelliger Tabellenplatz heißt das Ziel. Das ist das ambitionierte Ziel in der Dresdner Zweitligahistorie. Die Mannschaft kann zumindest trotz einigem an Verletzungspech mit Selbstbewusstsein in die Saison starten, denn in der Vorbereitung präsentierten sich die Sachsen so gut wie noch nie zuvor. Des Weiteren soll der Faktor Eingespieltheit in dieser Spielzeit das entscheidende Pfund sein.
Kommen wir zu den Aufsteigern Dessauer Roßlauer HV und Wilhelmshavener HV. Weder die erst- noch zweitgenannten sind typische Aufsteiger. Beide Teams hatten in der 3. Liga viel Zweitligaqualität auf der Platte. Vor allem der WHV spielte eigentlich mit einem Zweitligateam in der 3. Liga und hat sich zudem noch mit einigen Erstligaakteuren verstärkt. Bei den Dessauern ist die Gemengelage etwas abgeschwächter, aber nicht so viel, als dass der DRHV ein wirklich typischer Abstiegskandidat wäre. Beim WHV muss man natürlich sehen, inwieweit sich die derzeitige Unruhe auf die Gesamtleistung auswirkt.
Dazu kommen die Teams wie der ThSV Eisenach und der EHV Aue. Beide Mannschaften sind ganz schwer einzuschätzen, aber von der Besetzung her natürlich keinesfalls Abstiegskandidaten. Wenn die letzte Saison normal zu Ende gelaufen wäre, wären die Thüringer wohl ein großer Anwärter auf den Abstieg gewesen, da die Entwicklung vor der Corona-Pause sehr negativ war. Für den ThSV heißt also zu zeigen, dass das Team saisonübergreifend die Kurve bekommt. Und der EHV? Na der ist der EHV, was soll man da noch sagen. Die Auer schaffen es jedes Jahr immer wieder eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine zu stellen, die die Ansprüche im Erzgebirge erfüllt. Es ist stark zu vermuten, dass dies wieder gelingt.
Ebenso schwer einzuschätzen, aber natürlich kein Abstiegskandidat, ist der TuS Ferndorf. Wie die Auer musste der TuS wichtige Leistungsträger gehen lassen und wie bei den Sachsen wird viel darauf ankommen, ob die Neuzugänge wie gewünscht greifen. Als sicherer Kandidat für das Mittelfeld gilt mittlerweile wohl auch der TSV Bayer Dormagen, der sicher die gute Entwicklung der letzten Jahre konservieren kann. Die Dormagener sind irgendwie die nächste “Entwicklungsstufe” der HSG Konstanz.
Alle bisher genannten Mannschaften sind normalerweise keine Kandidaten, welche an der Schwelle vom Mittelfeld zu den Top 5 bewegen. Solche Kandidaten sind eher der HSV Hamburg, die DJK Rimpar und der VfL Lübeck-Schwartau. Die Mannschaft aus Lübeck-Schwartau ist aus Dresdner Sicht vielleicht sogar ein kleiner Geheimtipp. Im letzten Jahr gegen den Abstieg kämpfend, hat sich der VfL mit am besten sowie sehr gezielt verstärkt und spielte zudem schon mit dem Kader der Vorsaison klar unter seinen Möglichkeiten.
Die Franken aus Rimpar sind eine Bank. Der Kader ist eingespielt und punktuell gut ergänzt. Einzig der Abgang von Torhüter Max Brustmann wirft ein kleines Fragezeichen auf, denn der war für die DJK über Jahre ein absoluter Erfolgsgarant und Unterschiedsspieler.
Abschließend sei hier noch der HSV Hamburg erwähnt. Dem Verein von der Elbe ist eine sehr gute einstellige Platzierung zuzutrauen. Die Zeiten des Understatements sind in der Hansestadt vorbei, was auch nicht zur Entwicklung der letzten Spielzeiten und mittel- bis längerfristigen Zielen des Vereins passen würde. Ob die Hamburger aber in dieser Saison schon die Qualität für die Top 5 haben, bleibt abzuwarten. Die Mannschaft ist ja nun sozusagen kein Team der „Zweitliga-Benjamine“ mehr und müsste ihn ihrer Entwicklung nun einen erneuten Schritt gehen.
Wolfram Wegehaupt