Schon vor der Partie war klar, dass Dormagens Tabellenplatz nicht der tatsächlichen Stärke entspricht. Die Dresdner waren gewarnt – zu Recht, wie das Spiel zeigen sollte.
Vor kleiner Kulisse begann der TSV Bayer Dormagen stark, nutzte zahlreiche Dresdner Fehler zu vielen Tempogegenstößen und setzte erfolgreich auf das Sieben-gegen-Sechs. Früh lag das Heimteam mit 6:3 bzw. 7:4 vorne. Dresden fand im Positionsangriff kaum Lösungen, und nach zwei weiteren Kontern nahm André Haber beim 9:4 nach zwölf Minuten seine erste Auszeit und stellte die Abwehr um.
Danach fand der HC Elbflorenz besser ins Spiel, auch weil auf beiden Seiten Zeitstrafen mehr Raum öffneten. Robin Cantegrel parierte mehrfach stark, sodass die Gäste bis zur 20. Minute auf 10:9 herankamen und Dormagens Trainer Julian Bauer ebenfalls eine Auszeit nahm. Nach einem verworfenen Strafwurf des TSV glich Timo Löser zum 10:10 aus. Dormagen verlor in Minute 22 mit der Roten Karte gegen Kreisläufer Frederik Sondermann eine wichtige Stütze. Dennoch setzten sich die Rheinländer bis zur Pause wieder auf 17:14 ab, profitierten dabei von erneuten Dresdner Fehlpässen und trafen mehrfach im Gegenstoß. Kurz vor der Halbzeit sah auch Neuzugang Anton Voß Rot. Der HC Elbflorenz ließ sowohl im Angriff als auch in der Abwehr Steigerungspotenzial erkennen.
Bis zum 19:16 prägte besonders TSV-Keeper Simonsen die Partie: Mehrfach entschärfte er klare Dresdner Chancen, Dormagen erhöhte so nach einer Konterparade auf 20:16. Die Sachsen hatten weiter Probleme in der Abwehr und machten technische Fehler, sodass der TSV auf 23:18 stellte. Haber nahm seine zweite Auszeit und stellte auf Sieben-gegen-Sechs um. Mit Erfolg: Ein 3:0-Lauf brachte den HC Elbflorenz auf 23:21 heran, der TSV-Trainer reagierte mit seiner zweiten Auszeit. Doch Dresden kam besser zurück, glich zum 23:23 aus und ging kurz darauf erstmals in Führung (24:25). Bauer zog sofort seine dritte Auszeit. Dormagen blieb im Sieben-gegen-Sechs, Dresden erhöhte das Tempo und nutzte nun die Fehler der Gastgeber so konsequent wie der TSV zuvor.
Es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. In der 53. Minute traf Lukas Wucherpfennig zur ersten Zwei-Tore-Führung der Gäste (28:30, Überzahl). Dormagen egalisierte jedoch schnell wieder (31:31). Danach scheiterte der HC frei an Simonsen, kassierte eine Zeitstrafe und das 32:31 vom Punkt. Nach dem 32:32 gerieten die Sachsen in doppelte Unterzahl. Mallwitz hielt zwar den Strafwurf, doch der TSV verwertete den Abpraller zum 33:32 im Sechs-gegen-Vier. Trotzdem gelang Dresden erneut der Ausgleich und sogar ein Ballgewinn, ehe Dormagen eine Zeitstrafe sah. Der HC Elbflorenz verpasste die Chance zur Führung, Dormagen kam ins Zeitspiel, verlor den Ball jedoch. 40 Sekunden vor Schluss nahm Haber in Überzahl seine letzte Auszeit – und der stark aufspielende Ivar Stavast traf zum 33:34.
Die Schlusssekunden wurden dramatisch: Mallwitz parierte den folgenden TSV-Wurf, doch der Ball sprang zurück zu Kaj Kriescher, der zwei Sekunden vor dem Ende von Rechtsaußen zum 34:34 einwarf.
Fazit: Oliver Seidler brachte es auf den Punkt: „Wenn wir die letzten 5 Minuten sehen, ist das Remis ärgerlich. Betrachten wir das ganze Spiel, ist es aber verdient.“ Dormagen zeigte erneut eine starke Vorstellung gegen einen Spitzenteam und seine deutliche Entwicklung. Der HC Elbflorenz überzeugte im Angriff (34 Tore), konnte aber in der Defensive zu viele Vorabsprachen nicht umsetzen. Dennoch bleibt das Team seit unglaublichen 13 Spielen ungeschlagen, zeigte große Moral und drehte nach 5-Tore-Rückstand stark auf. Mit 26:6 Punkten bleibt Dresden so im Spitzenfeld der 2. Handball-Bundesliga.
Tore: Mallwitz/Cantegrel (beide Tor), Wucherpfennig 4, Norberg 3, Dierberg 4/3, Pehlivan 1, Preußner 1, Stavast 6, Greß 1, Stoyke , Dutschke 1, Thümmler 1, Löser 5, Seidler 6, Voß 1, Aktas
André Haber sagte nach der Partie: „Das war ein wildes Spiel, vor allem in der Schlussphase kippt das Momentum mehrfach. Ein endgültiges Urteil über das Ergebnis kann ich so kurz nach dem Spiel noch nicht abgeben. Wir haben 5 Tore wettgemacht und führen dann sogar und so kurz vor Spielende. Die doppelte Unterzahl in den Schlussminuten verändert dann wieder etwas. Am Ende gewinnen wir aber an diesem Tag einfach zu wenig Vergleiche, ob bestimmte Duelle in der Abwehr oder bei den Abprallern oder Strafwürfen. Auch bei Zeitstrafen geht der Vergleich nicht an uns. Im Blick auf unsere Absprachen in der Abwehr musste ich in der Halbzeit in der Kabine laut werden. Natürlich kann man nicht wegdiskutieren, dass wir durch das Sieben gegen Sechs über weite Strecken des Spieles gegen einen Mann mehr verteidigen müssen.“
Text: Wolfram Wegehaupt