HC Elbflorenz misst sich im DHB-Pokal mit dem Erstliga-Topteam MT Melsungen
Wird es wieder ein Handballfest?
Der HC Elbflorenz
In Dresden hat man richtig Bock auf die Partie im DHB-Pokal gegen die MT Melsungen. Die BallsportARENA Dresden war schon lange vor dem Spiel restlos ausverkauft und wird aus allen Nähten platzen. Und die Dresdner werden jeden Fan brauchen. Während der HC Elbflorenz im letzten Ligaspiel bei den Eulen schon etwas in der Favoritenrolle war, ist für die Dresdner heute die Außenseiterrolle vorgesehen. Dass sich die Sachsen in dieser Rolle durchaus wohlfühlen können, hat das Team von der Elbe in der letzten Runde des DHB-Pokals gezeigt. Da warf man den Erstligisten aus Hamburg nach einem spektakulären Spiel mit zwei Verlängerungen sensationell aus dem Pokal. Fast noch sensationeller wäre es, wenn den Dresdnern das auch gegen die MT Melsungen gelingen würde. Warum das so ist, darauf gehen wir später noch ein. Der HC Elbflorenz ist aktuell in einer starken Form. Zuletzt holte man in der Liga sieben Siege in Serie. Dabei konnten die Dresdner vor allem im Angriff überzeugen, hatten zuletzt aber auch immer wieder gute Abwehrsequenzen. Um heute den Favoriten ins Nachdenken zu bringen, müssen die Dresdner erneut über sich hinauswachsen. Mit der Unterstützung von über 2500 Fans ist für die Hausherren etwas möglich.
Kreisspieler Jonas Thümmler schaut voller Vorfreude auf die Partie: „Der Pokalwettbewerb ist immer etwas Besonderes, wie wir selbst vor ein paar Wochen gesehen haben. Der Sieg gegen Hamburg hat gezeigt, dass in diesem Wettbewerb etwas Spezielles entstehen kann. Jetzt stehen wir im Achtelfinale gegen einen großartigen Gegner vor einer vollen Halle – das gibt uns einen riesigen Schwung mit. Wir wollen das Spiel genießen und das bestmögliche Ergebnis erzielen. Natürlich ist es kein Geheimnis, dass Melsungen Weltklasse in der Mannschaft hat. Wir bereiten uns ganz normal wie auf jeden Gegner vor. Wir haben aus den letzten Spielen Selbstvertrauen und können mit breiter Brust agieren. Wir wollen uns nicht verstecken und werden alles reinwerfen.“
Allgemeine Einordnung des Gegners
Die MT Melsungen ist ein etablierter Erstligist aus Hessen und spielt seit 20 Jahren in Liga 1. Melsungen selbst hat knapp 14.000 Einwohner, und Kassel ist die nächste größere Stadt. Die Ambitionen des Vereins sind schon länger hoch. Nach und nach entwickelte die MT jedoch das Image des „ewigen Geheimfavoriten“ ohne wirkliches Profil, welches seinen Ambitionen hinterherläuft.
Lange versuchte sich die MT Melsungen im absoluten Spitzenbereich der DAIKIN Handball-Bundesliga zu etablieren – und lange gelang dies trotz erheblichen Aufwands nicht wirklich. In den letzten zwei bis drei Jahren hat sich die MT jedoch sportlich stabilisiert und professionalisiert. Dies gelang unter anderem mit konsequenter Nachwuchsarbeit, gezielten Transfers, einem moderneren Spielstil sowie der Weiterentwicklung der Fankultur. Dadurch – und im Hinblick auf die sportlichen Erfolge, vor allem in der letzten Saison – hat der Verein bei vielen Handballinteressierten ein Imagewandel vollzogen, denn die Arbeit des Vereins wird als strategischer und nachhaltiger wahrgenommen.
Ein Ausdruck dieser positiven und anerkennenswerten Gesamtentwicklung der MT ist beispielsweise der Fakt, dass ein Spieler wie Nationalmannschafts-Kreisläufer und Kapitän Johannes Golla zur nächsten Saison vom Top-Klub Flensburg nach Hessen wechselt.
Die bisherige Saison des Gegners
Ob man mit der bisherigen Saison in Hessen zufrieden sein wird, ist schwer zu sagen. Fakt ist: Die Tendenz bei der MT ist positiv – und das trotz teilweise erheblicher personeller Herausforderungen. Zwar ist es möglich, dass man mit dem Kampf um die Meisterschaft in dieser Saison nichts zu tun hat, aber zuletzt gewann man in der Liga vier von fünf Spielen. Dabei verlor man nur beim Rekordmeister Kiel. In der European League, dem kleinen Bruder der Champions League, gewann man bisher beide angesetzten Partien.
In der letzten Saison wurde die MT Melsungen mit 55:13 Punkten Dritter und war damit das einzige Team, das den Kampf um die Meisterschaft lange zu einem Dreikampf machte. Letztendlich kamen die Hessen nur drei Punkte hinter dem Meister Füchse Berlin und nur zwei Punkte hinter dem Champions-League-Sieger SC Magdeburg ins Ziel. Zudem schaffte man den Einzug ins DHB-Pokalfinale, unterlag dort aber dem THW Kiel.
Der Kader des Gegners
Dass der Kader der MT Verletzte zu beklagen hat und trotzdem noch extrem stark ist, zeigt das Potenzial der Melsunger. Die Hessen zeichnen sich durch eine enorme Physis aus, aber auch durch variantenreiches Offensivspiel aus. Vergleicht man das Team mit den Hamburgern, die die Sachsen überraschend aus dem Pokal warfen, ist das von der reinen körperlichen Präsenz her allerdings noch einmal eine Stufe höher. So versuchen die Hessen auch immer wieder Gegner mit einer knallharten 6:0-Abwehrformation zu beeindrucken.
Vor allen Spielern ist der spanische Trainer Roberto Garcia Parrondo zu nennen. Er ist taktisch sicherlich einer der ausgefuchstesten Coaches der 1. Liga. Mit ihm fand die MT vor allem in der letzten Saison spielerische Konstanz und eine Art eigene DNA.
Bei den Spielern gibt es gleich mehrere Highlights. Da wäre beispielsweise der deutsche Nationalmannschafts-Rechtsaußen Timo Kastening – eines der Gesichter der Hessen der letzten Jahre und natürlich absoluter Leistungsträger. Daneben ist Dainis Krištopāns zu nennen. Mit seinen 2,15 Metern und 135 Kilogramm ist er eine der beeindruckendsten Erscheinungen im Welthandball und nur sehr schwer zu stoppen. Wenn er nicht selbst trifft, bindet er oft aufgrund seiner Physis mehrere Gegenspieler und hat zudem ein gutes Auge für die freien Mitspieler.
Neben den Genannten darf man natürlich den nach seiner Verletzung wiedererstarkten Amine Darmoul nicht vergessen. Der Spielmacher ist sicherlich einer der besten Eins-gegen-Eins-Spieler der Liga und oft schwer zu stellen. Vorn wie hinten ein absoluter Faktor ist zudem Kreisläufer Adrian Sipos.
Insgesamt könnte man den gesamten Kader der MT durchgehen – man findet fast ausnahmslos Spieler der Extraklasse. Mit den verletzten Akteuren gerechnet, gehört der Kader wohl zu den Top 6 der DAIKIN Handball-Bundesliga, also der besten Liga der Welt.
Text: Wolfram Wegehaupt