Den Tabellenführer klar in die Schranken gewiesen – Mit Zuschauern zum Sieg
Vor diesem Spiel war sportdeutschland.tv schauen für die Dresdner Fans etwa so, als würde man sich an einem Schaufenster immer wieder die Nase platt drücken. Man konnte zwar die meist schönen Auslagen sehen, aber mehr eben auch nicht. Diesmal konnten ca. 700 Fans des HC aber beherzt im „Ballsport-Arena-Laden zugreifen“ und es gab richtig etwas an Gegenleistung für das lange Warten und Nase platt drücken.
Viel könnte man über dieses wirklich denkwürdige Spiel schreiben. Da wäre schon einmal, dass endlich, endlich, endlich wieder Zuschauer in die Ballsport-Arena durften. Und diese 702 Herbeigesehnten sahen ein Dresdner Team, was gegen den Tabellenführer aus Hamburg einen Sahnetag erwischte. Die Hamburger selbst wären an diesem Tag mit dem Gewinn eines Punktes in die 1. Liga aufgestiegen, „aber beim Greifen nach dem großen Kuchen, verbrannten sie sich an diesem Tag die Finger“. HC-Mannschaftskapitän Mario Huhnstock: „Dass Hamburg hier heute den Aufstieg perfekt macht und am Ende in unsere Halle feiert und das wenn wir das erste Mal nach langer Zeit wieder vor unseren Zuschauern spielen, dass wollten wir heute nicht sehen und zulassen. Die Zuschauer haben fast die gesamte Spielzeit mitbekommen, dass wir das vermeiden wollten. Ich habe den Hamburger Jungs aber auch gesagt, wenn nicht diese Woche, dann steigt ihr halt mit dem nächsten Spiel auf.“
Die Hamburger mussten sich nicht erst in der 47. Minute vorgekommenen sein wie im falschen Film. Bestellt hatten sie doch das „Hamburger Sommermärchen“ und die Saison über auch viel dafür getan und richtig gemacht. In eben dieser Minute erzielten die Dresdner durch Lukas Wucherpfennig ihren 30. Treffer bei 22 Gegentoren und so waren die Hausherren kräftig auf dem Weg, die „Premiere zum Hamburger Sommermärchen“ nicht in Dresden zur Uraufführung kommen zu lassen. Schon zur Halbzeit hatte das Team von HC-Trainer Rico Göde geführt (17:14) und vor allem im Angriff, nach kleinen Startschwierigkeiten, ein sehr gutes Spiel gezeigt. Nach 30 Minuten konnte man nicht ahnen, dass die Sachsen den Hanseaten in den darauffolgenden 30 Minuten sogar noch einmal weitere 20 Tore auf die Sollseite „gutschreiben“. Kein Zweitligateam hatte die Hamburger in dieser Spielzeit im Angriff so dominiert und variantenreich bespielt wie der HC an diesem Tag. So fanden die Hausherren auch auf alle Deckungsvarianten der Hamburger die passende Antwort. Dass der HC sehr guten Angriffshandball spielen kann, hat er schon mehrfach in dieser Saison bewiesen. Dass dies aber zwei Niederlagen im Rücken gegen den sonst so defensiv starken Tabellenführer gelingt, war natürlich nicht zu erwarten. Die Hamburger hatten das Spiel in der 47. Minute im Grunde schon verloren, konnten aber ein sich anbahnendes Debakel verhindern, in dem sie sich in den letzten 12 Minuten besannen und immer wieder mittrafen. Da die Hanseaten in der Abwehr an diesem Tag überhaupt keinen Zugriff auf das Dresdner Angriffsspiel hatten und außerdem auch die Torhüterleistung fehlte, kassierte man am Ende 37 Gegentreffer. Dabei zeigten sich die Landeshauptstädter an diesem Tag wirklich in allen Mannschaftsteilen treffsicher, sodass es schwierig ist, aus der starken Mannschaftsleistung überhaupt jemanden hervorzuheben. Vielleicht am ehesten noch einen starken Arseniy Buschmann, der nach seiner Einwechslung in der Offen- wie Defensive überzeugte und gleich zweimal sehr sehenswert traf. Aber auch die rechte Seite um Mindaugas Dumcius und Lukas Wucherpfennig wusste zu überzeugen und erzielte zusammen 16 Treffer. Auf Hamburger Seite wusste vor allem Kreisspieler Niklas Weller und Rückraumspieler Finn Wullweber zu überzeugen. Sie kamen zusammen ebenfalls auf 16 Treffer. Der Angriff war mit 31 Treffern aber an diesem Tag nicht das vordringlichste Problem, auch wenn man einrechnet, dass solch eine Spitzenkraft wie Spielmacher Leif Tissier in vielen seiner Einsatzphasen etwas neben sich zu stehen schien. Ob verletzungsbedingt oder mental, ist schwierig einzuschätzen. Trotz der der 31 Gegentreffer zeigt das aber eben auch, dass die Dresdner Abwehr, bis auf die letzten knapp 10 Minuten, durchaus keinen schlechten Job machte.
Fazit: Die Zuschauer, die nach langer Zeit gekommen waren, hatten es mit Sicherheit nicht bereut. Die Dresdner machten Werbung für den Handball in der Landeshauptstadt und wussten im Angriff an diesem Tag auf kompletter Linie zu überzeugen. Die Hamburger konnten an diesem Tag offensichtlich auch nicht mit dem Druck umgehen, so kurz vor dem Ziel zu sein und eigentlich „nur noch“ einen kleinen Schritt gehen zu müssen. Der Sieg war im Übrigen der erste für die Dresdner bei einem Vergleich mit Hamburg. Vorher gab es ausschließlich Niederlagen, nämlich 4. Das die Hamburger trotzdem aufsteigen ist so sicher wie das „Amen in der Kirche“.
Ganz nebenbei – schon vor dem Spiel hatte der HC mit 36 Punkten den eigenen Zweitligarekord aus der Saison 2017/2018 überflügelt. Jetzt sind es sogar 38 Punkte, bei noch 3 ausstehenden Spielen. Am Ende gilt ein besonderes Lob allen, die in der Halle waren und ihre jeweilige Mannschaft super unterstützt haben und sich dabei sehr gut an das Hygienekonzept gehalten haben. Auch ein Dank an alle, welche das so möglich gemacht und mitorganisiert haben haben.
Rico Göde dazu: „Wir waren heute mit dem Kopf und vor allem mit dem Herzen da und haben uns so in diese Atmosphäre reingespielt. Es war das erste Mal nach langer Zeit, dass die Jungs sich wieder präsentieren konnten. Und ein Appell an alle, die das heute im Livestream gesehen haben: Mehr Werbung für den Handball konnte die Mannschaft heute nicht machen. Also kommt gegen Bietigheim alle in die Halle und guckt euch unbedingt live an, wie die Jungs sich entwickelt haben.“
Tore: Mohs/Huhnstock (beide Tor), Wucherpfennig 9/3, Emanuel, Dierberg 2, Buschmann 5, Dumcius 7, Kretschmer 2, Jungemann 3, Stavast 2, Hoffmann, Greß 5, Vanco, Quade, Thümmler 2, Wellner
Wolfram Wegehaupt