Handball-Dresden bebt wie noch nie – Sieg im Spitzenspiel
Der geneigte Sportzuschauer mag Sieger und bringt im besten Fall dem Verlierer Respekt entgegen. Was er aber liebt, sind, wie man im deutsch-englischen sagt, „Comebacker“. Genau diese Qualität des „Zurückkommens“ stellte der HC Elbflorenz im Spiel gegen Eintracht Hildesheim und im Blick auf den Verlauf der bisherigen Saison unter Beweis.
Wie fast schon erwartet dominierten zu Beginn zwei starke Abwehrreihen das Spiel. Beide zudem dahinter mit guten Torhütern ausgestattet. Die Abwehrreihen hatten relativ schnell ihre gelben Karten eingesammelt, ohne dass das Spiel irgendwie unfair war. Was zunächst für die Gäste als Nachteil erschien, nämlich das Nikolaos Tzoufras schon in der 8. Minute seine zweite Zeitstrafe kassierte, war am Ende keiner. Sein griechischer Teamkollege Adam Papadoupolos machte an seiner Stelle eine überragende Partie. Zu keiner Zeit hatte der HCE das Kreisspiel der Hildesheimer so wirklich im Griff. In der 7. Minute hatte Eintracht Spielmacher Robin John per Strafwurf für die Gäste zum 0:1 getroffen. Er blieb insgesamt an diesem Tag aus dem Spiel heraus eher unauffällig, was auch ein Verdienst der starken HCE-Defensive war. Die Dresdner ihrerseits trafen zweimal durch Tim-Philip Jurgeleit und führten so in der 12. Minute 2:1. Einmal war er per Strafwurf und einmal von Außen erfolgreich. Vorher hatten die Sachsen mehrfach in Überzahl nicht die richtigen Lösungen gefunden und so eine höhere Führung in der Anfangsphase liegen lassen. Nach einer Viertelstunde kam die Partie dann auch im Angriff etwas mehr in Fahrt. Auf beiden Seiten erzielten die Aufbaureihen nun ihre ersten Treffer. Bis zum Halbzeitstand von 9:9 legten die Dresdner mal ein oder zwei Tore vor und die Niedersachsen zogen nach. Dabei verhinderte vor allem ein starker Jakub Lefan, z. B. mit einer spektakulären Doppelparade beim 8:7, einen höheren Rückstand. Das 9:7 erzielten die Dresdner wenig später dennoch und der HC Elbflorenz war in dieser Phase das bessere Team. Aber ein Wechselfehler der Dresdner, welcher das Heimteam teilweise in doppelte Unterzahl brachte, war dafür verantwortlich, dass die Gäste dran blieben. Wiederum war es auf Seiten der Dresdner eine aufopferungsvoll kämpfende Abwehr sowie ein in dieser Phase sehr gut aufgelegter Henrik Ruud Tovas, welche einen knappen Rückstand zur Pause verhinderten. So stand es nach 30 Minuten 9:9, obwohl die Dresdner im Grunde die leicht bessere Mannschaft waren.
Die 2. Hälfte begann der HCE in Unterzahl, aber mit dem häufig eingesetzten Mittel des 6. Feldspielers. Einen von Jakub Lefan gehaltenen Ball konnte der tschechische Torhüter aber per Direktwurf nicht im leeren Dresdner Tor unterbringen. Auf der anderen Seite traf Sebastian Greß bei angezeigtem Zeitspiel mit abgeknicktem Körper zum 10:9. In den kommenden Minuten konnte der HC Elbflorenz Stück für Stück ein wenig die Oberhand gewinnen. Nach dem 11:11 durch die Gäste trafen die Dresdner dreimal in Folge (14:11). So nahm Eintracht-Trainer Gerald Oberbeck in der 37. Minute eine Auszeit, um sein in dieser Phase etwas verunsichert wirkendes Team wieder neu einzustellen. Als der HCE nach der Auszeit eine hundertpronzentige Chance vom Kreis nicht zum 15:11 nutzte und zudem kurze Zeit später erneut eine Zeitstrafe kassierte, kamen die Hildesheimer zurück ins Spiel. Die Eintracht hatte jetzt ihre beste Phase. Durch einen Treffer zum 16:17 durch Spielmacher Robin John führten die Gäste sogar erstmals seit der 7. Minute wieder. Wenig später erhöhte der Eintracht Kapitän sogar per Strafwurf auf 16:18. In dieser Phase war es sehr oft der stark spielende Adam Papadoupolos am Kreis, der entweder für seine Mannschaft traf oder Strafwürfe herausholte. Jetzt zeigten die Dresdner aber gleich zweimal ihre neue Qualität – auch in kniffligen Spielsituationen den Kopf oben zu behalten. Erst egalisierte man das Ergebnis von 16:18 auf 18:18 und dann wenig später noch einmal von 18:20 auf 20:20. Sogar als die Dresdner nach einem strafwurfwürdigen Foul an Nils Kretschmer den nötigen Siebenmeter nicht im Tor der Gäste unterbrachten, behielt das Team von Christian Pöhler und René Jahn die Nerven. So war es René Boese, der zweimal per Strafwurf erst zum 21:20 und dann zum 22:21 traf. Die Niedersachsen hatten beide Spielstände zwischendurch wieder ausgeglichen, nämlich einmal durch einen erneuten Treffer vom Kreis (21:21) und durch einen vom Punkt eiskalt wirkenden Robin John (22:22). Als John traf, war keine Minute mehr zu spielen. Die Halle hatte schon längst den Siedepunkt erreicht und beide Fanlager gaben alles. 30 Sekunden vor dem Ende nahm Christian Pöhler eine Auszeit. Es war relativ klar, dass die Hausherren jede mögliche Sekunde ausreizen würden und so kam das Zeitspiel. Dann zog Arnseniy Buschmann von der linke Seite an und passte zu Sebastian Greß, der dann per Sprungwurf aus dem Rückraum 5 Sekunden vor dem Ende Jakub Lefan die Pille durch die seitlich geöffneten Beine zirkelte. Der anschließende Pass des Keepers zur schnellen Mitte ging ins Leere und der Rest war auf der Platte wie auf den Rängen eine unglaubliche Entladung der Emotionen. Man kann durchaus von einem emotionalen Vulkanausbruch reden.
Fazit: Solch ein Spiel hat Handball-Dresden noch nicht erlebt. Die Kombination aus dem Interesse an der Partie im Vorfeld, Tabellensituation, Stimmung, Spannung, Spielverlauf und dem bisherigem Saisonverlauf verdichteten die Partie zu etwas, was man im Dresdner Handball vor Jahren noch für unvorstellbar gehalten hätte. Der Eintracht aus Hildesheim gebührt Respekt auf der Platte und auch daneben. Am Ende konnten aber auch die Niedersachsen den unglaublichen Lauf der Dresdner nicht aufhalten. Im wahrsten Sinne des Wortes gewann einfach die bessere Mannschaft. Vielleicht mag bei der Eintracht auf zwei, drei Positionen die Leistungsspitze in der 3. Liga Ost spielen, jedoch bei den Sachsen spielt derzeit das ausgeglichenste Team. Der Blick auf die Tabellen wird dem Dresdner Handball-Fan gefallen, denn die Sachsen konnten die Tabellenführung ausbauen. Erfolgreich gemacht hat die Dresdner Mannschaft bisher aber die Tatsache, größere Blicke auf die Tabelle zu unterlassen.
Ein wirklich DICKER DANK geht an alle helfenden Hände, welche diese Partie so möglich gemacht haben, an alle, die sich die Seele aus den Händen geklatscht und getrommelten haben sowie alle, die irgendwie daran beteiligt waren und keine Erwähnung fanden. Ein besonderer Dank gilt den „Feuerbällen“ aus Leipzig. Eure Unterstützung war Gold wert!
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