Zwischen Genie und Wahnsinn – HC verliert/gewinnt 1 Punkt
Manche Halbzeiten sind wie Zaubertricks, man kann gar nicht glauben was man sieht und doch steckt bei genauerem Hinsehen immer eine meist einfache Erklärung dahinter. Andere Halbzeiten sind wie ein Lou Bega-Konzert, richtig schlecht und dann kommt doch das eine Lied was jeder mitsingt. Alles in Kombination lässt einen dann mit einem komischen Gefühlsmix zurück. So in etwa muss sich der Dresdner Fan am Freitag nach 60 Minuten Handball in der BallsportARENA gefühlt haben.
Die Ausgangslage vor dem Spiel war klar die Kloßbrühe, nämlich Tabellendritter mit viel Selbstvertrauen, gegen Aufsteiger in sehr schwerer Phase der Saison. Es waren noch nur wenige Minuten gespielt, da fiel den Dresdnern Zuschauern auf, dass die Ausgangsposition beim HC keinen Spieler interessierte. Nach knapp 5 Minuten führte der HC mit 4:0 und VfL-Coach Grewe sah sich bei 4:44 auf der Uhr zu einer Auszeit genötigt. Aber auch wenn Aufbauspieler Jan Schult nach 5 Minuten und 27 Sekunden für sein Team erstmals traf (5:1), an der Dresdner Dominanz änderte es nichts. Nach 22 Minuten führte der HC durch eine überragende Abwehrarbeit und einen starken Hendrik Halfmann dahinter mit 11:5. Im Angriff hatte die Schwartauer Abwehr dem Dresdner Aufbauspiel mit Kretschmer, Becvar und De Santis wenig entgegenzusetzten. Ebenso wenig VfL-Keeper Dennis Klockmann, der nach 21 Minuten frustriert die Segel strich. Die Dresdner agierten in der Abwehr mit wechselnden Abwehrsystemen und stellten so den Gegner immer wieder vor neue Aufgaben. Als der HC dann nach 22 Minuten Spielzeit gleich zwei Chancen wegließ, kamen die Nordlichter aus Lübeck etwas besser ins Spiel. So konnte man in Überzahl sogar einmal auf 4 Tore verkürzen (11:7). Allerdings baute der HC die Führung durch einen Quade-Treffer vom Kreis zunächst auf 12:7 und dann sogar durch einen direkt verwandelten Freiwurf von Gabor Pulay auf 13:7 aus. Mit dieser spektakulären Torpremiere verwandelte der Neuzugang die Halle gleich mal in ein Tollhaus. Er selbst sprach nach dem Spiel von einer „geilen Stimmung“.
Wer in der 39. Minute an die Anzeigetafel schaute traute seinen Augen nicht. Steffen Köhler hatte für sein Team gerade das 13:13 vom Kreis erzielt. Die Dresdner reihten nach dem Anpfiff fast 10 Minuten lang einen Fehler an den anderen. Die Würfe fanden zudem mit wenig Überzeugung statt. Da kann auch die 10-minütige Pause aufgrund der „blockierten“ Anzeigetafel nicht als Entschuldigung gelten. Man ließ in Angriff und Abwehr alles vermissen, was das Team in der 1. Spielhälfte ausgezeichnet hatte. Nachdem der HC eine Doppelchance ungenutzt ließ – VfL-Keeper Marino Mallwitz kam immer besser in Fahrt – schaffte es das Heimteam dann doch endlich, nach mehr als 10 torlosen Minuten, das 14:13 zu erzielen. Nur wenig später dann auch noch ein Kontertor durch René Boese zum 15:13, basierend auf einer Halfmann Parade. Der junge Keeper zeigte sich erneut stark. Nun entwickelte sich ein 20-minütiger Schlagabtausch, in dem die Gäste in der 47. Minute durch einen Treffer von Pawel Genda erstmals mit 17:18 in Führung gingen. Vor allem das Aufbauspiel des VfL funktionierte jetzt viel besser. Von der erzwungenen Einfallslosigkeit der 1. Halbzeit war nichts mehr zu sehen. Beide Teams agierten jetzt sehr nervenstark. Bis zum 23:23 in der 56. Minute – HC Linksaußen Tim-Philip Jurgeleit hatte für den HC seinen 5. von 5 Strafwürfen verwandelt – blieb der Ablauf immer gleich, die Schwartauer legten vor und der HC nach. Nachdem sich der VfL aber einen Fehler mehr erlaubte als der HC, war es Sebastian Greß der unnachahmlich zum 24:23 für den HC einwarf.
Die Halle kochte und es saß schon längst keiner mehr. 90 Sekunden vor Schluss hatte der HC nach der Megaparade von Mario Huhnstock gegen Jan Schult sogar die Chance auf 2 Tore wegzuziehen. Bei angezeigtem Zeitspiel gelang der Treffer aber nicht. Es war dann noch eine Minute zu spielen als VfL-Neuzugang Pawel Genda zum 24:24 einwarf. Der Rest war nichts für schwache Nerven. Die Dresdner trafen, durch den in der Schlussphase mit 4 Treffern furios aufspielenden Daniel Zele, zum 25:24. Bei noch 10 verbleibenden Sekunden, schaffte es allerdings VfL-Rückraumrechts Toni Podpolinski sich in eine gute Wurfposition zu bringen und quasi fast mit der Schlusssirene zum 25:25 treffen. Der Jubel über den Zele-Treffer war innerhalb nur weniger Sekunden dem Entsetzten in vielen Gesichtern gewichen. Einige HC-Akteure sanken enttäuscht zu Boden.
Neuzugang Gabor Pulay sagte zu seinem ersten Spiel in Dresden: „Ich hatte keinen Druck. Es war natürlich eine neue Erfahrung für mich. Das Spiel ist viel schneller und intensiver als in der 3. Liga. Es war eine geile Stimmung in der Halle. Am Ende ist ein Punkt ein Punkt, aber natürlich ist es auch etwas schade. Wir haben toll gekämpft.“
Fazit: Im ersten Moment etwas zwiegespalten lässt einen dieses Spiel zurück. Im zweiten Moment durchaus stolz, dem Tabellendritten in so einer schweren Phase mehr als nur Paroli geboten zu haben. Es war in der zuletzt schwere Phase und im Blick auf das harte kommende Programm, ein klares Lebenszeichen. VfL-Trainer Torgen Greve sprach nach dem Spiel von einem „glücklichen Punkt“. HC-Coach Pöhler seinerseits von einem „Punktverlust“. Die Dresdner spielten ein überragende 1. Halbzeit, warfen den Vorsprung dann in den 10 Minuten quasi weg, um ab Mitte der 2. Halbzeit mit viel Kampfgeist, Einsatz und Nervenstärke den Sieg fast doch noch zu holen. Knapp über 1700 Zuschauer erlebten ein Wechselbad der Gefühle und die Dresdner Fans gaben 60 Minuten alles für den Erfolg ihres Teams. DANKE, für eure sensationelle Unterstützung!
Tore: Jurgeleit 6/5, Boese 2, Dierberg, Buschmann, Märtner, De Santis 3, Kretschmer 2, Hoffmann 1, Greß 2, Zele 4, Kammlodt, Becvar 1, Quade 3, Pulay 1; Halfmann, Huhnstock (beide im Tor)
Wolfram Wegehaupt
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